Sortenkunde - Teil 2 - Einteilung nach Aroma

Eine moderne Einteilung von Cannabissorten nach ihren Aromen
Cannabis ist weit mehr als nur eine psychoaktive Pflanze – es ist ein wahres Aromawunder. Die anteilige Menge an ätherischen Ölen und anderen Aromastoffen in den Blüten ist, im Vergleich mit anderen Pflanzen, extrem hoch (bis zu 5 %). Die Duftvielfalt ist dabei enorm und die Aromastoffe beeinflussen nicht nur den Duft und Geschmack sondern auch die Wirkung jeder Sorte. In der folgenden Sortenkunde werden Cannabis-Sorten nicht nach ihrer Genetik (Indica, Sativa, Hybrid), sondern nach ihrem dominanten Aromaprofil geordnet. Die ist eine moderne Einteilung, da wie in vorherigen Artikeln ausgefüht die Indica-Sativa-Einteilung nicht eindeutig klassifizierbar ist (Russo 2016). Die Einteilung nach dem Aroma ist dabei heutzutage mit Labortest zwar auch noch nicht genau definiert, wird aber in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Diese Perspektive bietet einen neuen, sensorischen Zugang zur Pflanze – und ermöglicht es, Wirkung und Geschmack gezielt auf individuelle Bedürfnisse abzustimmen.
Ich schließe mich der Einteilung im Großen und Ganzen der Einteilung von Ellen Holland in folgende 4 Hauptgruppen an.
1. Fruchtige und süße Aromen – Die zitronigen/fruchtigen Stimmungsaufheller
Charakteristik:
Diese Sorten zeichnen sich durch helle, belebende Aromen aus – Zitrusfrüchte, Grapefruit, Beeren, tropische Früchte. Typisch ist ein leichter, süß-säuerlicher Geruch, der oft mit guter Laune und Energie assoziiert wird. Viele dieser Sorten enthalten das Terpen Limonen, das für seine stimmungsaufhellende und konzentrationsfördernde Wirkung bekannt ist. Alle Sorten eint ebenfalls die Eigenschaft, dass sie eine nicht komplett ermüdend und sedierend wirken.
Wirkung:
- Stimmungsaufhellend
- Aktivierend
- Kreativitätsfördernd
- Fördert soziale Interaktion
Bekannte Sorten:
Haze (1970er):
Die archetypische Sorte zerebral stimulierender Sativas. Ursprünglich aus asiatischem Saatgut gezüchtet und in Holland veredelt. Sehr hoch-wachsende Pflanzen mit langer Blütezeit (bis zu 16 Wochen). Ideal für kreative Arbeit, aber auch alle soziale Aktivitäten und sportliche Betätigungen. Aktivität im Allgemeinen! Die starke psychotrope Wirkung überwältigend sein und sogar Angstzuständen, wenn diese Wirkweise unbekannt ist (gerade bei moderneren Haze-Züchtungen). Im kommerziellen Anbau, ist diese Sorte kaum zu finden, da die lange Blütezeit den Anbau weniger rentabler macht.
Aroma: Erdig, süß, zitronig
Wirkung: Fokussiert, euphorisch, kreativ
Medizinisch: Depressionen, Antriebslosigkeit, Angst
Super Lemon Haze (2008):
Eine moderne Kreuzung mit starker Zitronennote – eine energetische Weiterentwicklung der ursprünglichen Haze.
Tangie-Linie (ab 2015):
Frisch, fruchtig, mandarinig – Klassiker unter den modernen Sativas mit klarem Kopf und guter Wirkung für den Tag.
Blueberry (1970er):
Die erste Sorte mit intensiver Beeren-Note. Kreuzung aus Purple Thai, Highland Thai und Afghani. Eher entspannend, aber nicht ermüdend.
Aroma: Fruchtig, beerig-süß, vanillig
Wirkung: Entspannt, freudig, leicht sedierend
Medizinisch: Schlafstörungen, Schmerzen, Angst
Zkittlez & Wedding Cake (2010er):
Fruchtig-süß und oft hybrid-lastig mit leicht indica-dominanter Wirkung. Ideal für kreative Abende und Genuss ohne Schwere.
2. Florale Aromen – Die Komplexen mit Tiefe
Charakteristik:
Cannabispflanzen blühen – daher ist es nur logisch, dass manche Sorten stark nach Blumen duften. Die floralen Aromen sind oft komplex, mit warmen, würzigen Untertönen und einer gewissen Weichheit. Sie erinnern an Lavendel, Rosen, Jasmin oder Citronella. Typische Terpene: Linalool, Geraniol, Nerolidol.
Wirkung:
- Sanft körperlich entspannend
- Leichte mentale Klarheit
- Ausgleichend
- erregend
Bekannte Sorten:
Skunk #1:
Der Name ist irreführend – „Skunk“ bedeutet Stinktier, doch diese Sorte vereint scharfe schwefelhaltige Verbindungen mit floralen, weichen Herznoten von Terpenen. Entstanden aus Acapulco Gold, Colombia Gold und Afghani. Sehr robust, stark wüchsig mit relativ schneller Blütezeit und ideal für den Anbau in gemäßigten Klimazonen, wie Deutschland. Diese Sorte ist ein weiterer Grundpfeiler unserer heutigen Cannabissortenvielfalt.
Aroma: Erdige Basis, blumig-scharf
Wirkung: Fokussiert, hungrig, leicht entspannt
Medizinisch: Schmerzen, Müdigkeit, Depression
Lavender:
Eine ästhetische Sorte mit intensivem Lavendelduft. Kreuzung aus Super Skunk, Big Skunk Korean, Afghani Hawaiian. Besonders beliebt wegen ihrer psychedelischen Tiefe und spirituellen Wirkung. Die Pflanzen bestechen dabei nicht nur mit ihrer, als einmalig beschriebenen, Wirkung sondern auch durch ihr schönes Aussehen (lila bis schwarze Blätter). Eine weltberühmte Sorte, deren Wirkung ihr Züchter Soma folgend beschreibt: "Sie produziert ein lebendig, fesselndes High, dass durch alle Chakren zirkuliert". Eine bis dahin wirklich einmalige Sorte. Soma Seeds tat sich in den letzten Jahrzehnten mit weiteren einmaligen Sorten hervor.
Aroma: Floral, würzig, parfümiert
Wirkung: erhebend, euphorisch, entspannend
Medizinisch: Schlafstörungen, Angstzustände, chronische Schmerzen
3. Chemisch / Diesel / Benzin – Die Kraftvollen
Charakteristik:
Diese Sorten sind nichts für Anfänger – sie erinnern an Tankstelle, Werkstatt und scharfen Alkohol. Gerade weil sie so intensiv und ungewöhnlich sind, werden sie besonders von erfahrenen Kennern geschätzt. Das dominante Terpen ist oft Caryophyllen.
Wirkung:
- Stark und durchdringend
- Häufig betäubend oder euphorisch
- Hohe geistige Aktivierung oder Körperentspannung
Bekannte Sorten:
OG Kush:
Der Pionier der Diesel-Aromen. Intensiv, würzig, mit einem Hauch Süße. Kreuzung aus Chemdog und Hindukush. Stark sedierend, ideal für Schmerzpatienten oder Menschen mit Schlafproblemen.
Aroma: Diesel, würzig, süßlich
Wirkung: betäubend, stark entspannend, zufrieden
Medizinisch: Appetitlosigkeit, Depression, Schmerzen
Sour Diesel:
Weniger schwer als OG Kush, aber genauso intensiv im Aroma. Berühmt für ihren zitrus-dieselartigen Duft und die eher aktivierende Wirkung, die aber mit einer starken Gelassenheit einher geht.
Aroma: Diesel, Zitrone, leicht scharf
Wirkung: Kreativ, erleichternd, konzentrationsfördernd
Medizinisch: Depression, Schlaflosigkeit, Schmerzen
Green Crack:
Trotz des aggressiven Namens eine fruchtig-dieselige Sativa mit Fokuswirkung – ideal für den Tag und kreative Projekte.
4. Erdige Aromen – Die Ursprünglichen
Charakteristik:
Diese Sorten verströmen den Duft der Natur: Waldboden, Moos, Wurzeln, Harz. Sie stammen meist aus Gebirgsregionen wie dem Himalaya oder Nordafrika und werden oft als die „authentischsten“ Cannabisformen betrachtet. Sie werden bis heute geschätzt, weil sie ein unheimlichen Potenzial in der Stressbewältigung haben, ohne dass die psychoaktive Wirkung unkontrollierbar wird.
Wirkung:
- Tief entspannend
- Sedierend
- Körperlich wohltuend
Bekannte Sorten:
Hindu Kush:
Reine Landrasse aus dem Hindukush-Gebirge. Stark erdig, mit einer fast holzigen Tiefe. Ideal für den Abend oder therapeutische Nutzung.
Aroma: Erde, Sandelholz, Gewürze
Wirkung: Sedierend, glücklich, angstlösend
Medizinisch: Angstzustände, Schmerzen, Schlaflosigkeit
Gelato:
Eine moderne Sorte mit erdigem Grundton, ergänzt durch cremige, fast kuchige Noten. Sehr beliebt wegen ihrer Vielschichtigkeit und Potenz. Kreuzung aus Sunset Sherbert und Thin Mint GSC.
Aroma: Erdbeere, Teig, Eukalyptus, Tee
Wirkung: Glücklich, kreativ, stark entspannend
Medizinisch: Depression, Schlaflosigkeit, Angst
Fazit
Die Sorteneinteilung nach Aromen eröffnet einen neuen, sensorisch fundierten Zugang zur Welt des Cannabis. Aromen sind nicht nur eine Frage des Geschmacks – sie korrelieren eng mit der Wirkung und können je nach Bedürfnis gezielt ausgewählt werden. Ob man nun Energie, Kreativität, Entspannung oder Linderung sucht – das passende Aroma weist oft den Weg zur richtigen Sorte.
Russo, E. (2016). The Cannabis sativa Versus Cannabis indica Debate: An Interview with Ethan Russo, MD. Cannabis and Cannabinoid Research.
Holland, E. (2021), Weed - A Connoisseur's Guide to Cannabis. Quatro Publishing Group USA Inc.